Zufriedenheit - eine erlernbare Fähigkeit
Und was macht so ein Oadier, wenn er zufrieden ist?

Als Stichwort für ein zentrales Ziel oadischer Kultur bringt "Zufriedenheit" erfahrungsgemäß einige Unklarheiten mit sich. Viele Menschen wähnen sich zufrieden, wenn sie etwas konsumieren. Güter, Rauschmittel.

So unmöglich es ist in Folge der Individualität jeden Oadiers auf die titelgebende Frage genau zu antworten, so gibt es doch Tendenzen. Freiheit wird eher nicht im Sinne von Konsumzugänglichkeit verstanden, sondern in persönlicher Freiheit von drängenden Konsumbedürfnissen.

Und es sind dieser Vorstellung folgend nicht nur vermeintliche Bedürfnisse nach materiellen Dingen, die der Zufriedenheit entgegenstehen. Ebenso ist es eine innere Verfasstheit des Unglücks, aus dem Menschen meinen nur "gut" zu sein, wenn sie sich in bestimmter Weise verhalten, selbst wenn diese ethisch betrachtet kaum eine Rolle spielen dürfte. Gemeint ist vor allem "totes Streben", Werte die Menschen in verschiedener Weise eingetrichtert wurden ohne sie aus sich selbst als gut erkannt zu haben. Dieses tote Streben beherrscht das Leben vieler Menschen in oft hohem, entscheidendem Ausmaß.

Man kann es als "Leiden" betrachten, wie es im Buddhismus üblich ist oder als Abwesenheit von "Sein" nach Erich Fromm. Ansätze solche Unzufriedenheit zu fassen, um Menschen zu vermitteln, wie sie sie ablegen könnten, gab es bereits viele. Gelungen ist es dem Anschein nach bisher nicht wirklich dieses Erkennen irgendwo in Traditionen lebendig zu bewahren. Auch wir erleben immer wieder erhebliche Probleme bei der Vermittlung des oadischen Zufriedenheitsbegriffs. Und es gibt nicht wenige, die in Ihrem Herzen genau wissen, was ihr Sein ist und wie sie mit anderen umgehen wollen würden, wenn sie nicht angstbesetzt und mutiger wären.

Die Anlässe für häufig vorhandenes Unverständnis gegenüber oadischer Lebensweise sind vielgestaltig. Etwa zwanghafte Fixierung auf weltliches Tun, die der allgemeinen Entgleisung der Ökonomie in der aktuellen Epoche entspricht, welche einmal dem guten Leben der Menschen dienen sollte und sich mehr und mehr zum Herrscher über das Leben aufgeschwungen hat - da das Bürgertum es bisher nicht schaffte seinen Kräften etwas entgegenzusetzen, wie es Potentaten und Kulte in früheren Zeiten mitunter vermochten.

Es gibt viele Gründe Mitmenschen abzuwerten, auszublenden, da sie bestimmten oberflächlichen Erwartungen nicht entsprechen, auch ihr körperlich-äußerliches Erscheinungsbild beurteilt nach bestimmten modischen Vorstellungen und damit meistens verbundener Gewalttätigkeit. In all diesen Haltungen begegnen Menschen ihrer Mitwelt mit Gewalt statt in Liebe. Oft erleben sie diese Strukturiertheit selbst als Halt und werden darüber doch unglücklich. Sie steinigen mit ihrem Herzen wegen Abweichungen, die sie in der Regel nicht aus sich selbst als gut erkannten. Es sind Simulationen von Haltung, wo es dem Menschen an eigener freier Identität mangelt. Sie ermöglichen Handeln, wo keine eigene ausreichende Orientierung aus einer gutentwickelten geisterfüllten Seele ist.

Es handelt sich um ein Verhalten, das in Zeiten der Not biologisch sinnvoll sein mag. Und doch tun einige menschliche Gesellschaften sich schwer selbst in absurdestem materiellen Überfluß von ihm zu lassen und schaffen lieber vielerlei künstliche Nöte zur Stabilisierung ihrer Blindheit. Sie finden den Weg in die Normalität des Lebens nicht. Oadier verirren sich zuliebe ihrer eigenen Lebendigkeit nicht in "Sachzwängen" (zufrieden leben). Und im Ganzen dürfte die oadische Kultur auch einer allgemeinen Friedensordnung entsprechen für Gesellschaften die den Entwicklungsschritt aus dem Getriebensein ihrer selbstgeschaffenen Nöte tun würden.

Die oadische Kultur strebt also eher nicht nach "hohem Einkommen", auch nicht bezüglich Sozialleistungen. Dies sei erwähnt, da auch wir schon mit vielen Menschen Kontakt hatten, die offenbar sehr bewegte, daß ihre Transferleistungen ihrem Empfinden nach zu gering seien, um "würdig leben zu können". Würdiges Leben gedanklich an Einkommen zu koppeln widerstrebt dem oadischen Denken stattdessen in der Tendenz eher. Ebenso wie die Anhängerschaft von politischen Bewegungen, die meinen die Welt mit Gewalt verbessern zu können ohne vor allem ersteinmal echte innere Zufriedenheit zu erreichen. Denn nach einer oadischen Sicht folgt die Entwicklung weltlicher Zustände dem inneren Zustand der Menschen einer Gegend.

Oadier halten Zufriedenheit also meist nicht für das Ergebnis äußerer Umstände, sondern für eine erlernbare menschliche Fähigkeit. Es ist diesen oft unbegreiflich, wie viele andere Menschen so am Ziel vorbei leben können, wie sie leben. Zudem neigen nicht wenige Oadier zu Auffassungen, gemäß derer das was geschieht oft spirituelle Hintergründe hat. Oadier achten meist weniger auf äußerliche Erscheinungsbilder und erlerntes lebensarmes Imponiergehabe, sondern eher auf lebendige Ausgeglichenheit und Wachheit ihrer Mitmenschen und in ihnen selbst.

Oadier sind nicht immer zufrieden, manche äußere Umstände sind auch für sie recht relevant. Durch Orientierung an dem Lebensprinzip der Liebe spielt Gemeinschaft, liebevoller Umgang für sie eine gewisse Rolle im Rahmen der oadischen Wertvorstellungen. Dabei kommt es weniger auf die Befolgung von Höflichkeitssitten oder "Beherrschung" an, sondern vielmehr auf Begegnung im Geist der Liebe, der viele Wege kennt und davon ausgehend liebendes Handeln gegenüber weiteren Mitmenschen und auf gegenseitiger Rücksichtnahme wie der Suche nach Verstehen des anderen.

Das tun zufriedene Oadier: Sie gehen ihren Interessen miteinander nach oder versuchen es z.B. im Kontakt mit stets unzufriedenen und aggressiven Anhängern der Konsumsekte. Sie freuen sich über Kontakte zu Menschen, die relativ wenig ihr Leben damit verbringen Lebensillusionen nachzujagen, in denen sich ein Erfassen dieser und anderer Dinge zeigt und somit eine Grundlage für gemeinsames Leben.

Wie sieht das ganz konkret aus? Während viele Deutsche viele Tage im Jahr einer fremdbestimmten Erwerbstätigkeit nachgehen, also zu bestimmten Zeiten aufstehen, an einen anderen Ort fahren, dort das tun was ihnen gesagt wird, irgendwann zurückfahren, einkaufen sieht der Alltag eines Oadiers oft weniger gleichförmig aus.

Der Alltag eines Oadiers könnte damit beginnen, daß er aufsteht ohne auf eine Uhr geschaut zu haben. Dann könnte er überlegen, was er an diesem Tag tun will. Wenn ihm danach ist etwas mit seinen Händen zu tun, dann macht er es. Wenn ihm danach ist etwas mit seinem Geist zu tun, dann dies. Wenn ihm danach ist Ruhe zu tun, dann dies.

Ruhe zu tun kann Ähnlichkeiten hierzu aufweisen, wenn auch die oadische Kultur nicht nennenswert von buddhistischen Lehren geprägt ist (auf der verlinkten Homepage wird beschrieben, daß indisches Vipassana älter ist als der Buddhismus). Es finden sich eher ähnliche Erfahrungen in beiden Kulturen und von oadischer Seite wird dies mit wohlwollendem Interesse betrachtet (von buddhistischer Seite leider oft mit einem überheblichen Gestus), wenn auch die oft viel zu verallgemeinert wirkenden buddhistischen Darstellungen und ritualistischen Praktiken auf oadischer Seite auch Skepsis hervorrufen.

Viele Deutsche bewegen sich ihr ganzes Leben durch eine Art wildes inneres Chaos aus Impulsen. Aus oadischer Sicht ist eine solche innere Verfasstheit deutlich schlimmer als in einer morschen Hütte mit undichtem Dach zu wohnen. Wozu etwas wegen der Hütte tun, wenn der innere Zustand schlimmer ist? Deutsche nehmen ihn jedoch meistens nicht so wahr, da sie solches "Leben" als normal betrachten und es ihnen meistens schon an entfernter Vorstellung eines klaren Bewußtseins mangelt. Sie prügeln sich durch ihren Alltag für materielle Unwichtigkeiten, peitschen ihr inneres Chaos weiter und weiter auf und wundern sich über allgemein verbreitete Depressivität und sind dabei dem Glück überwiegend fern.

Ein Oadier hingegen hat in seinem Leben eine grundlegende Stabilität geschaffen, von der ausgehend er frei leben kann. Er betrachtet die Welt um sich herum, sucht sie zu verstehen, zu verstehen warum ihn verschiedene Dinge bewegen, sie in seinem Bewußtsein immer wieder auftauchen. So wird er zu einem Zustand kommen, in welchem die innere Klarheit immer mehr überwiegt. Er lernt die Dinge zu sehen wie sie sind und erlebt ein sich weitendes Herz, statt anerzogene Wertvorstellungen, die das Herz eng machen und den Menschen blind, mit der Realität zu verwechseln.

So kann es sein, daß er nach dem Aufstehen irgendwo sitzt und schaut, nach innen und nach außen. Ein Deutscher würde vielleicht sagen, daß der Oadier nichts tut, der faule Strick, und doch tut er Ruhe. Er zerstreut sich nicht, er berauscht sich nicht, was in der Regel langfristig das Gegenteil von mehr Ruhe und Klarheit bewirken würde. Rausch wirft Menschen auf verschiedene Weisen auf sich selbst zurück, trübt die Fähigkeit anderen seelisch zu begegnen.

Innere Klarheit an sich ist bereits ein Faktor, der Unzufriedenheit reduziert, die auch eine innere Not der fehlorientierten Seele ist ihr nicht die Ruhe zu lassen, sich wenigstens in den nötigsten Punkten sortieren zu können durch das Streben nach für den Menschen eigentlich wertlosen Dingen. Auch deswegen scheuen viele Deutsche nochmals mehr jede Ruhe, da die in ihr aufsteigenden Impulse sie stark fordern aufgrund ihrer eigentlich hochkritischen Seelennotlage. Für einen Oadier ist äußere Ruhe und Ruhen äußeren Tuns hingegen ein Teil gesunder Alltagsaktivität.